Der leise Tod der Gruppenarbeit

Noch Ende der 90-er Jahre des vorherigen Jahrhunderts (klingt schon etwas nach Vorgestern) war die Organisationsform Gruppenarbeit in vielen Betrieben Thema.  In ihr wurde die Zukunft gesehen, die Slogans waren allerorts zu lesen und zu hören wie „der Mensch steht im Mittelpunkt“, „Humanisierung der Arbeit“ oder auch „Demokratisierung der Arbeitswelt“. Der gute alte Maslow wurde wieder ausgegraben und die X-und Y-Theorien dienten zur methodischen Untermauerung. Die „fraktale Fabrik“ lehrte, daß jede Organisation –überläßt man ihr nur genügend Eigenorganisation- am Ende zu einer Art der Gruppenarbeit führt. Gestritten wurde, wieviel Aufgaben die Gruppen übernehmen könnten, ob der Gruppensprecher gewählt sein soll und ob dieser auch disziplinarische, arbeitsrechtlich relevante Befugnisse haben dürfte oder sollte.

Was ist daraus geworden?

Nichts! so läßt es sich mit einem Wort zusammenfassen.

Die Gruppenarbeit ist ganz leise gestorben, keiner hat dabei ein Trauergeläut erklingen lassen um ja nicht die vor-sich-hin-schlafenden (oder träumenden) früheren Protagonisten aufzuwecken. Aus der Gruppenarbeit wurde in den meisten Betrieben eine Teamarbeit mit klaren Aufgabenzuweisungen und auch Aufgabentrennungen, die Teilautonomie und Entscheidungsfreiheit über Aufgabenübernahme wurde (richtigerweise) wieder auf einen Teamleiter übertragen, der nahezu überall auch weisungsbefugt ist. Die positiven Elemente aus dieser Zeit wurden übernommen, wie zb. Teambesprechungen und Ergebnisvisualisierung. Der Rest wurde begraben. Zu Recht. Denn zuviel falsche Ansätze und Ideen wurden in die Betriebe getragen, man denke nur an die Wahl von Gruppensprechern, die zunehmend und oft zum Politikum wurde. Arbeit ist nicht demokratisch und die immer wieder genannte Humanisierung wird nur da benötigt, wo menschenunwürdige Zustände herrschen. Und das war in den Betrieben, die mit Gruppenarbeit unterwegs waren, nicht der Fall. Damals nicht und heute auch nicht. Wobei unerklärt blieb, wie Humanisierung der Arbeit durch Gruppenarbeit wirklich stattfinden sollte. Auch war die Idee vom mündigen und immer schlauer werdenden Mitarbeiter, der immer mehr Aufgaben gerne, mit Begeisterung und Erfolg übernehmen würde, eine schöne Illusion, die nur in wenigen Fällen der Realität entsprach (und entspricht). Das hochgelobte Gefühl der Zusammengehörigkeit, der Geruch nach Familie, wurde etwas relativiert und getrübt durch die andere Seite der Medaille, dem Aufkommen von Mobbing. Und zusätzlich ad absurdum geführt durch Leiharbeit. Ständige wechselnde Kollegen verhindern „Familiengefühle“ ebenso wie immer weitergehende Anforderungen an Flexibilität bzgl. Arbeitsplatz und Arbeitseinsatz. Es bleibt dabei. Gruppenarbeit ist tot.

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Unternehmensberater und -Begleiter aus der Praxis für die Praxis
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